Das leichteste Opfer für einen Betrug ist man selbst.
Edward George Bulwer-Lytton
 

Studie Mitarbeiterkriminalität
 


Unsere zahlreichen Mitarbeiterbefragungen und Unternehmensstudien belegen: Wenn Führungskräfte und Organisationen zentrale Managementprinzipien verletzen, kündigen sie den psychologischen Vertrag zu ihren Mitarbeitern. Häufig beobachtbare Folgen: Absentismus, Fluktuation und innere Kündigung.

Doch in manchen Fällen gehen die Konsequenzen noch viel weiter: Jedes Jahr verliert die deutsche Wirtschaft zweistellige Milliardenbeträge durch Mitarbeiterkriminalität, z.B. durch Betrug, Cybercrime und Sabotage. Allerdings werden solche Delikte in der Regel nur diskret und hinter vorgehaltener Hand behandelt. Zu groß sei der Imageschaden, so fürchtet man oft, der sich aus dem Bekanntwerden solcher Fälle ergeben würde.

Licht in das Dunkel bringt eine von uns unterstützte Studie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt. Erfahren Sie hier mehr zu:

 
  Warum werden Arbeitnehmer kriminell?
  von Dr. Myriam Bechtoldt

Ein Drittel aller deutschen Unternehmen mit mehr als 1 Million Euro Umsatz wurde zwischen 2000 und 2002 zum Opfer von Wirtschaftskriminalität. In 75 % dieser Fälle zählten die eigenen Mitarbeiter der Organisation zu den Tätern. Zu den häufigsten Formen wirtschaftskriminellen Handelns am Arbeitsplatz gehören Betrug und Untreue. Cybercrime, das heißt der kriminelle Einsatz von Informationstechnologie, gewinnt in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung.

Der insgesamt zu verzeichnende Schaden bei deutschen Unternehmen mit mehr als 1 Million Euro Umsatz betrug allein bei den entdeckten Fällen 23 Milliarden Euro. Der tatsächliche Schaden dürfte bedeutend höher liegen, denn erstens sind fast zwei Drittel der Unternehmen überzeugt, Opfer von Wirtschaftskriminalität geworden zu sein, ohne es entdeckt zu haben. Zweitens sind nicht alle Formen kontraproduktiven Verhaltens am Arbeitsplatz im Hinblick auf den finanziellen Schaden, den sie verursachen, zu beziffern: Hierzu gehören vor allem Phänomene wie Aggression und Mobbing, das heißt Verhaltensweisen, die darauf ausgerichtet sind, andere Organisationsmitglieder zu schädigen. Die aus solchen Formen kontraproduktiven Verhaltens resultierende Schadenshöhe ist nur schwer zu quantifizieren, da sie sich in nicht direkt kalkulierbaren Größen wie verschlechtertem Betriebsklima, verringertem Arbeitseinsatz der Mitarbeiter oder verstärktem Absentismus niederschlagen kann.

Warum versuchen Arbeitnehmer bewusst, ihren Arbeitgeber oder andere Organisationsmitglieder zu schädigen bzw. warum nehmen sie deren Schaden in Kauf, um sich einen persönlichen Vorteil zu verschaffen? Empirische Befunde weisen bislang in zwei Richtungen: Zum einen scheint die Wahrnehmung von organisationaler Ungerechtigkeit im Zusammenhang mit kontraproduktivem Verhalten zu stehen, das heißt das persönliche Erleben der Mitarbeiter, dass der eigene Arbeitseinsatz von der Organisation nicht in ausreichendem Maße wertgeschätzt wird, korreliert positiv mit verringertem Arbeitseinsatz und anderen organisationsschädigenden Verhaltensweisen. Weiterhin werden individuelle Merkmale der Täter als Erklärung herangezogen: persönliche finanzielle Probleme, fehlende Loyalität der Organisation gegenüber oder auch ein generelles Defizit an Integrität.

 
  Hintergründe und Ergebnisse der Studie
 

 

Im Rahmen einer Untersuchung der Abteilung Arbeits- und Organisationspsychologie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt ist ein weiterer Aspekt untersucht worden: die Bedeutung objektiver Arbeitsbedingungen. Besonderes Augenmerk soll dabei auf emotionale Anforderungen im Umgang mit externen und internen Kunden am Arbeitsplatz gelegt werden. Typische Anforderung in diesem Zusammenhang ist es, freundlich zu bleiben, unabhängig davon, wie sich der Kunde verhält, und unabhängig davon, welche Gefühle man gegenüber dem Kunden tatsächlich empfindet. Dabei geraten Dienstleister, wie auch alle anderen Arbeitnehmer mit Kundenkontakt, häufig in den Zustand emotionaler Dissonanz: Um Kunden gegenüber so auftreten zu können, wie von ihnen erwartet wird, müssen sie persönliche Gefühle unterdrücken. Das Unterdrücken negativer Gefühle steht jedoch in Zusammenhang mit einer Reihe kurzfristiger und langfristiger physiologischer und psychischer Stressreaktionen, das heißt mit negativen Auswirkungen auf die Gesundheit. Zudem berichten Arbeitnehmer, die in sozialen Interaktionen am Arbeitsplatz negative Gefühle unterdrücken müssen, nach diesen Situationen von der verstärkten Absicht zu kontraproduktivem Verhalten.

Ziel der Studie ist es, die Bedeutung arbeitsplatzbezogener emotionaler Anforderungen im Umgang mit internen und externen Kunden im Hinblick auf kontraproduktives Verhalten zu untersuchen. Sollten sich dabei substantielle Zusammenhänge ergeben, ließe sich Kontraproduktivität in Organisationen nachhaltig und wirkungsvoll durch Arbeitsplatzgestaltungsmaßnehmen und Mitarbeiter-Trainings bekämpfen. Statt Kontraproduktivität nur als Kostenfaktor statistisch zu verwalten und unter Umständen strafrechtlich zu ahnden, böte sich Organisationen die Möglichkeit, diesem Missstand aktiv und nachhaltig zu begegnen.

Inzwischen ist die von Conny Welk und Myriam Bechtoldt im Jahre 2004 durchgeführte Studie wissenschaftlich ausgewertet worden. Die Ergebnisse finden Sie hier.

 
  Aktuelle Studien
 

 
Laut einer aktuellen Studie der Euler Hermes Kreditversicherungs-AG beträgt der gesamtwirtschaftliche Schaden aus Wirtschaftskriminalität in Deutschland jährlich mehr als 4 Milliarden Euro - Tendenz steigend. Erschreckend: Jedes dritte Unternehmen wurde in den vergangenen zwölf Monaten Opfer eines solchen Vergehens, mehr als jeder zweite Firma sogar mehrfach. Besonders gefährdet sind dabei mittelständische Betriebe mit einem Umsatz zwischen einer und zehn Millionen Euro.

Mehr zu dieser und anderen aktuellen Studien erfahren Sie unter den folgenden Links. Auch informieren wir Sie gerne über entsprechende Neuigkeiten und Trends, wenn Sie unseren Newsletter abonnieren.

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